Monatsarchiv: Mai 2012

Das Ding mit den Grünen und der internen Quote

Als ich mich vor ungefähr 19 Monaten dazu entschlossen habe Grünen und grüne Jugend Mitglied zu werden war sicherlich einer der Hauptgründe dafür mein Glaube daran, dass eine gleichberechtigte Gesellschaft nicht nur in meiner Fantasie existieren kann. Dafür, so meine Überzeugung, benötigt es jedoch mehr als nur Ermahnungen der Politik an die Wirtschaft, sondern klare rechtliche Regelungen. Die Partei die dieses für mich damals repräsentierte war ohne Frage Bündnis 90 / Die Grünen, schließlich setzten sie seit Jahren für eine gesetzliche Frauenquote ein, haben eine innerparteiliche Quote und dadurch nicht nur alte grauhaarige weiße Männer, die die Partei in erster Line nach außen hin repräsentieren sonder wirklich viele Frauen, die in der medialen Darstellung eine Rolle spielen. Einige von denen auch schon seit echt langer Zeit. Ich ging also davon aus in eine Partei zu kommen, in der die Förderung von Frauen eine wichtige Rolle spielt, die üblichen Geschlechterklischees nicht erfüllt werden und auch völlig irrelevant sind, auch sprachlich darauf geachtet wird, das Texte, Plakate, Wahlprogramm, … geschlechtsneutral verfasst werden, die familienfreundliche Strukturen anbietet, bei der es kein Problem ist Kinder mit zu Veranstaltungen zu bringen. Soweit meine Erwartung….Und dann?

Dann war ich auf meiner ersten KMV bei der mir erst im Nachhinein aufgefallen ist, dass sie doch ziemlich männlich dominiert war, ein Gesprächsleiter, ein Protokollant, in erster Linie männliche Redner_innen. Wenige Wochen danach das erste Treffen des Ortsverbands, dort dann eine männliche Doppelspitze als einziger Ortsvorstand und auch bei der vergangenen Kommunalwahl gab es eine männliche Doppelspitze. Das war dann so der erste Moment in dem ich doch ein wenig ins grübeln kam, dachte mir aber, dass sich das sicherlich nur bei der letzten Wahl leider so ergeben hat, und war mir sicher, dass die nächste Wahl ja aber nur noch ein Jahr hin ist, und dann ja eventuell eine weibliche Doppelspitze gewählt werden könnte. Aber nein, dass ganze Jahr über wurde der Anteil der aktiven Frauen immer weniger, was sicher nicht zuletzt an der doch sehr männlichen dominierten Diskussionen, aber auch an dem Zeitpunkt der Treffen, 18.30, da war ein Teil der anfangs noch aktiven Frauen noch beim Arbeiten und ein anderer damit beschäftigt mit ihren Kindern zu Abend zu essen und diese ins Bett zu bringen, lag. Dadurch veränderten sich die Zusammensetzung der aktiven Mitglieder und auch die Diskussionskultur immer mehr, so dass die alten grauhaarigen weißen Männer immer mehr im Vordergrund standen und es kam wie es kommen musste bei der nächsten Wahl des Vorstandes fand sich keine Frau, die bereit war in den Ortsvorstand zu gehen, in einem Ortsverband in dem sie in letzter Zeit sowieso wenig gemacht hat und wir haben weiterhin eine männliche Doppelspitze, was, wie ich erst im laufe der Zeit herausgefunden hatte auch nicht erst das zweite mal so war.

Nach Veranstaltungen die am Samstag nachmittag stattfanden gab es dann von nicht wenigen Beschwerden darüber, dass im Hintergrund des Raumes Kinder gespielt hatten, während ihre Eltern sich an der Diskussion beteiligten, tolle familienfreundliche Partei.

Alls sich dann im letzten Frühjahr in den Medien die Debatte um Robert Habeck als alleinigen Spitzenkandidaten zur Landtagswahl andeutete, läuteten bei mir alle Alarmglocken, natürlich äußerte ich meinen Unmut allein schon über den Gedanken darüber direkt, wurde aber sofort beschwichtigt, dass die Grünen die so wichtige Quote und damit verbundene Doppelspitze auf Landesebene niemals untern Tisch fallen lassen würden. Doch die mediale Darstellung von Robert ging weiter, nach einer Frau neben ihm suchte nicht nur ich leider vergeblich. Als er dann nach der Sommerpause von Parteifreunden bei öffentlichen Veranstaltungen als Grüner Spitzenkandidat angekündigt wurde, wartete ich auf den Aufschrei der Frauen in unserm Landesverband – vergeblich. Die wenigen vereinzelnden Beschwerden die es gab, wurden nicht beachtet und bekamen zu wenig von einander mit. Als dann,fast ein halbes Jahr nachdem auch Grüne begonnen hatten in der Öffentlichkeit von einem Spitzenkandidaten zu sprechen, wurde dann auch mal ein Parteitag dazu befragt. Da kam dann natürlich das Problem auf, was würde geschehen, wenn die Delegierten gegen die Verabschiedung von der guten alten Doppelspitze stimmen würden? Welche Frau sollte es jetzt noch schaffen in der öffentlichen Wahrnehmung den mindestens halbjährigen, eigentlich ja aber sich seit der Wahl 2009 abzeichnenden Vorsprung von Robert wieder aufzuholen und auf Augenhöhe mit ihm in den Landtagswahlkampf gehen? Es kam wie es eigentlich zu diesem Zeitpunkt kommen musste, die Grünen gingen mit einem Spitzenkandidaten in die Landtagswahl 2012 😦

 

Damit nicht genug, auf dem Parteitag gab es auch den Antrag das Frauenstatut der Grünen abzuschwächen. In der deshalb einberufenden Frauenversammlung fand ich dann zum ersten mal endlich den Raum um meinen Unmut über die stark nach außen scheinende Quote, die nach innen aber leider oft nur auf dem Papier existiert, Luft zu verschaffen. Die erhitzte Debatte führte dazu, dass dieser Antrag zurückgezogen wurde, jedoch folgte auf dem nächsten LPT prompt der nächste Frauenstatutsantrag von den selben Antragssteler_innen, diesmal sollte es auf Landesebene gleich ganz abgeschafft werden, dieser Antrag wurde in die Landesarbeitsgemeinschaft Frauen verwiesen, was dazu führte, dass ich mich extremst mit der Bundes und Landessatzung auseinander gesetzt habe und die Debatte um die innerparteiliche Quote auch bei uns zumindest auf der Mailingliste der LAG endlich wieder geführt wird.

Diese Debatte ist glaub ich in den letzten Jahren einfach vernachlässigt worden, wodurch aber eben auch die Vorteile einer wirklich durchgesetzten Frauenförderung in Vergessenheit zu geraten scheinen . Alle Grüne müssen dringend anfangen die Vokabeln Frauenförderung, Quote und Gleichberechtigung nicht nur nach außen als Reaktion auf Christina Schröder zu verwenden, sondern endlich begreifen dass auch innerparteilich alle nur davon profitieren können. Die Frauen, wenn sie die für sie bereit stehenden Posten endlich ergreifen, und zwar mit Feuereifer und Engagement und nicht nur als passive Quotenfrauen, die sich wählen lassen weil es ja eben irgendeine Frau machen muss und dann aber nicht die Zeit, dass Interesse oder was auch immer haben um sich einzubringen, aber auch die Männer, in dem sie Frauen ermutigen sich auf Ämter zu bewerben, ihnen soweit helfen, dass sie wirklich gleichberechtigte Partnerinnen eines Duos werden, die Männer dann aber auch eine Entlastung an Arbeit haben, Arbeit die von zwei ungefähr gleich starken Personen gemacht wird lastet nicht nur auf den Schultern eines einzigen.

Das eine ganz offensiv geführte Gleichberechtigungsdebatte, das Problem sowohl in die Köpfe der Mitglieder, aber auch der Wähler_innen bringen kann, zeigt in letzter Zeit die Debatte darüber bei den Piraten. Die unrühmlich immer wieder in auch durch super sexistische Tweets angefeuerte Debatte führt dazu, dass Gleichberechtigung in den letzten Wochen und Tagen in meiner Timeline bei Twitter eine riesig große Rolle spielt, es werden für jede_n einsehbar pro und Kontra Argumente ausgetauscht und sich auch richtig schön gefetzt. – endlich! Denn in dem man etwas einfach undiskutiert hinnimmt, gerät es leider oft irgendwo in eine gewisse Unbedeutsamkeit und wird dann eben beim Streben danach Germanys next Volkspartei zu werden auch mal geopfert, da es fiel einfacher ist einen Spitzenkandidaten anzuhimmeln als wirklich vernünftige Frauenförderung zu betreiben.

Trotz all der Probleme die ich bei der Umsetzung der auf dem Papier existierenden Gleichberechtigung bei den Grünen sehe, glaube ich weiterhin, dass die Quote, so wie sie bei uns steht, das richtige Instrument ist, wenn sie denn nur umgesetzt werden würde. Aber wir müssen immer bedenken:

Wer Gleichberechtigung von anderen einfordert sollte sich als erstes an die eigene Nase fassen und das bitte ganz ungeschminkt.

Also lasst uns endlich anfangen und wirkliche Gleichstellungspolitik verwirklichen.

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